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Interview mit Herrn Diplom-Ingenieur und Architekt Matthias Kraemer

Potrait des Diplom-Ingenieur und Architekt Matthias Kraemer
Matthias Kraemer Credits: Stadt Karlsruhe Sabine Enderle

Wir sprechen mit Herrn Diplom-Ingenieur und Architekt Matthias Kraemer über die Aspekte der Nachhaltigkeit, die beim Umbau der Stadthalle berücksichtigt werden.

Herr Kraemer, Sie sind Vorstandsvorsitzender der SSP AG, die federführend für die Planung und Bauüberwachung der Modernisierung der Stadthalle steht, die Anfang 2025 abgeschlossen sein wird. Was können wir uns aktuell vorstellen, wie weit die Modernisierung vorangekommen ist?

Das Gebäude ist vollständig entkernt, alle Schadstoffe sind beseitigt und seit drei Monaten sind wir mit dem Ausbau zugange. Zurzeit werden im Erd- und in den Untergeschossen die Fußbodenheizung und der Estrich eingebracht. Dann geht es zügig weiter mit der Grobmontage der Haustechnik und dem Ausbau der neuen Wände und Raumbekleidungen. Inzwischen sind auch alle größeren Firmen der Haustechnik und des Innenausbaus mit an Bord.

Apropos Einbau der Fußbodenheizung. Welches Konzept verfolgen Sie für das Heizen und Kühlen der Halle?

Für das Kühlen und Heizen der Stadthalle haben wir uns als Hauptbestandteil für das System der oberflächennahen Geothermie entschieden. Das ist nachhaltig, rechnet sich bereits nach circa sechs Jahren und schont die Umwelt. Mittels Brunnenanlagen, die in ungefähr 20-25 Meter Tiefe Wasser entnehmen und zurückgeben, kann die Deckung der Grundlast für das Heizen im Winter und das Kühlen im Sommer gewährleistet werden.

Was bedeutet es, wenn davon gesprochen wird, dass die Nachhaltigkeit bei Planung und Bauausführung integraler Bestandteil ist? Sind damit Einspar- und / oder konkrete Reduktionsziele verbunden?

Ja, mit den verschiedenen integralen Maßnahmen, also der Effizienzsteigerung der neuen technischen Anlagen, der Nutzung von Synergien, dem konsequenten Einsatz von regenerativen Energien und dem zielgerichteten Energieeinsatz je Veranstaltungsart sparen wir deutlich Folge- und Energiekosten ein und erhalten eine signifikante Einsparung des CO2-Fußabdrucks. Das sind circa 300 bis 400 Tonnen CO² pro Jahr gegenüber dem Bestandsgebäude, das bis 2017 im Betrieb war. Allein die Nutzung der oberflächennahen Geothermie für das Heizen und Kühlen spart im Jahr rund 120 Tonnen CO² ein.

Viel haben wir schon über das neue Lichtkonzept in der dann wiedereröffneten Stadthalle gehört. Mit welcher Technik wird hier der Energieverbrauch minimiert?

Minimiert wird mit der LED-Technik, mit der fast die gesamte Beleuchtung betrieben wird. Hier sparen wir deutlich Energie ein. Das schlägt bei den Kosten für den Betrieb ebenso zu Buche wie bei der Einsparung von CO². Dem gegenüber steht ein deutlicher Komfort-Gewinn für die Nutzung der Stadthalle, der so bisher nicht gegeben war. Lichtatmosphären können vielfältiger, je nach gewünschtem Veranstaltungskonzept, auf die zukünftigen Kunden eingestellt werden. Mit der Farbwahl der Großleuchten im Weinbrennersaal lässt sich zum Beispiel ein breites Spektrum an Veranstaltungen maßgeschneidert designen: Von einer hellen und produktunterstützenden Messeveranstaltung bis zu einem warmen und festlichen Rahmen ist hier alles möglich. Dies bietet den zukünftigen Kunden ein ganz besonderes Erlebnis.

Welche weiteren technischen Anlagen können gegenüber der „alten“ Technik mit Nachhaltigkeit punkten?

Alle technischen Anlagen sind, anders als bisher, deutlich effizienter, vielmehr untereinander vernetzt und die neue Regelungstechnik führt dazu, dass der jeweiligen Veranstaltung die optimale Behaglichkeit ermöglicht wird, statt Wärme, Kühlung und Beleuchtung wie mit einer „Gießkanne gleichförmig im Gebäude auszuschütten“.

Zudem wurden auch passive Systeme ertüchtigt. Ein Beispiel: die rundum laufende Schrägverglasung über dem Ringfoyer, die ja eine schöne natürliche Lichtatmosphäre im Gebäude schafft, war bisher im Sommer durch den starken Wärmeeintrag problematisch für die Nutzung des Foyers. Und es musste mit Hilfe der technischen Anlagen stark dagegen gekühlt werden. Wir werden auf den Gläsern nun eine für den Nutzer nicht sichtbare Sonnenschutzfolie anbringen lassen, die die Lichtausbeute nur sehr geringfügig mindert. Der Nutzen ist eine deutliche Reduzierung des Wärmeeintrags. Das führt wiederum zu einem geringeren Energieaufwand für die Kühlung des Gebäudes.

Wird auch Photovoltaik ein Thema sein?

Auf dem Dach der Stadthalle wird eine flächige Photovoltaik-Anlage auf einem neuen Gründach installiert werden. Die Anlage ermöglicht mit der Leistung von 198 Kilowatt-Peak eine Abdeckung eines Teils der Grundlast und spart ein Äquivalent von rund 90 Tonnen CO² pro Jahr ein. Die Amortisation ist schon nach wenigen Jahren zu erwarten. Die Photovoltaik-Anlage trägt zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Stadthalle nicht unwesentlich bei. Das Gründach hilft bei der Kühlung der Anlage. Und noch wesentlicher erscheint mir der Kühleffekt in sogenannten Hitzesommern im Sinne einer Klimaresilienz für die Umgebung und die Bereicherung der Biodiversität im Innenstadtbereich.

Vielen Dank für das Gespräch! Das war sehr interessant.

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Maren Mehlis
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